
Wie günstig oder wie teuer der Kauf einer Immobilie ist, hängt oft von der Finanzierung ab. Bei sechsstelligen Darlehenssummen in Verbindung langen Laufzeiten wird der scheinbar hohe Kaufpreis lohnenswert oder der vermeintlich niedrige Kaufpreis kostspielig. Jetzt kaufen oder auf fallende Preise warten? Lohnt sich eine Umschuldung oder entstehen nur zusätzliche Gebühren. Eine Bestandsaufnahme und aktuelle Informationen helfen, die richtige Entscheidung zu treffen.
Der aktuelle Stand der Bauzinsen
Die aktuellen Zinsen befinden sich auf einem absolut niedrigen Niveau. Per Februar 2021 bieten günstige Anbieter Darlehen mit 10-jähriger Zinsfestschreibung bei Beleihungen bis 60 % für rund 0,50 % an. Beleihungen bis 100 % werden für etwa 1,20 % angeboten. Für Zinsfestschreibungen bis zu 30 Jahren werden je nach Beleihungsauslauf Bauzinsen zwischen 1,15 % bis 1,94 % offeriert.
Tilgung anpassen und weniger Zinsen zahlen
Je höher der Zinssatz, desto mehr Zinsen werden im Laufe der Jahre aufwendet. Sind die Zinsen niedrig, fallen am Ende die Aufwendungen deutlich niedriger aus. Das funktioniert ausschließlich unter einer Voraussetzung: Die ersparten Zinsen werden für eine erhöhte Tilgung eingesetzt. Durch den Tilgungsverlauf beim Annuitätendarlehen erhöht sich jeden Monat der Tilgungsanteil durch ersparte Zinsen, da die Rate gleich bleibt. Sind weniger Zinsen zu zahlen, kann weniger der Tilgung zugeschlagen werden. Das bedeutet: Die gesamte Laufzeit verlängert sich und der Gesamtaufwand steigt.
Wichtig bei Anschlussfinanzierungen: Werden die Zinsen nach Ablauf der Zinsbindung günstiger, sollte die Rate beibehalten werden und dafür die Tilgung angepasst werden. Banken bieten in der Regel beide Varianten bei Verlängerungsangeboten an: Beibehaltung der monatlichen Rate oder Ermäßigung. Bei Neufinanzierungen bieten viele Banken inzwischen ausschließlich Anfangstilgungen ab zwei Prozent an. Das Zinstief hat einigen Familien den Weg ins eigene Heim ermöglicht. Die langfristige Tragbarkeit sollte mit einer erhöhten Tilgung von mindestens zwei Prozent und einer langen Zinsfestschreibung abgesichert werden.
Gesamtlaufzeiten beachten
Der Zusammenhang von Tilgungssatz, Zinssatz und Gesamtlaufzeit ist enorm.
Beispiel:
- Darlehenssumme: 100.000 €
- Sollzins: 1,2 %
- Tilgung: 2,0 %
- Gesamtlaufzeit: ca. 40 Jahre
- Monatliche Rate: 266,67 €
Bei einer Erhöhung der Tilgung auf 4 % mit einer Rate von 433,33 € reduziert sich die Laufzeit auf rund 22 Jahre! Das bedeutet für die Wahl der Zinsfestschreibungszeit: Je höher die Tilgung, desto kürzer kann die Zinsfestschreibungszeit ausfallen. Dies bedeutet günstigere Angebote.
Die Beachtung der Gesamtlaufzeiten hat aus einem weiteren Grund an Bedeutung gewonnen: die Wohnimmobilienkreditrichtlinie. Dieser Zungenbrecher verpflichtet seit einigen Jahren die Banken zur Prüfung der Bonität über die gesamte planmäßige Laufzeit. Bei langen Laufzeiten schließt das den Renteneintritt ein. Dies kann zu Problemen führen, wenn die heute vorausberechnete Rente nicht zur Bedienung der Raten ausreicht. Nicht selten ist eine Darlehenszusage in solchen Fällen über die Erhöhung des Tilgungssatzes zu ermöglichen. Dies gilt insbesondere bei jungen Arbeitnehmern mit geringen Rentenansprüchen.
Die Kaufentscheidung im Zinstief
Die Pandemie hat eindrucksvoll gezeigt: Die Immobilie ist nach wie vor ein krisensicheres Investment, wenn auch regionale Unterschiede zu beachten sind. Klassische Grundrisse in wirtschaftlich starken Regionen oder deren Umfeld sind die Gewinner. Der Immobilienmarkt hat nach einer kurzen Pause während des ersten Lockdowns im März 2020 wieder Fahrt aufgenommen. In einigen Lagen hat die Dynamik aufgrund der erreichten Kaufpreise etwas nachgelassen. Experten gehen dennoch von einer weiteren positiven Preisentwicklung aus. Das bedeutet für die Kaufentscheidung: Wer das Objekt seiner Wahl gefunden hat, sollte seine Möglichkeiten ausloten und die Immobilie erwerben. Im internationalen Vergleich gilt Deutschland weiterhin nicht als teuer.
Bei der Umschuldung von günstigen Zinsen profitieren
Spätestens drei bis sechs Monate vor Ablauf der Zinsfestschreibung sollten Darlehensnehmer Finanzierungsangebote einholen. Vor dieser Zeit können sich Forwarddarlehen lohnen. Diese sind nicht immer beim bestehenden Finanzierer die günstigsten. Beim Vergleich helfen große Portale mit Zugriff auf einige Hundert Banken. Die Berater kümmern sich ebenso um die Abwicklung.
Wichtig: Beträgt die aktuelle Zinsbindung länger als zehn Jahre, besteht nach § 489 BGB ein Sonderkündigungsrecht. Danach kann die bestehende Baufinanzierung zehn Jahre nach Vollauszahlung mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden. Vorfälligkeitsentschädigungen müssen in dem Fall nicht gezahlt werden.
Fazit: Käufer und Umschulder profitieren
Kaufinteressenten wird der Traum vom Eigenheim heute in vielen Fällen durch das historische Zinstief ermöglicht. Dabei sollte mit den Instrumenten Tilgung und Zinsfestschreibung die Finanzierung langfristig gesichert werden. Ab 60 Monate vor Ablauf der Zinsbindung sind Forwarddarlehen möglich. Das Sonderkündigungsrecht nach § 489 BGB bringt zusätzliche Chancen, vom Zinstief zu profitieren.