
Immobilie erwerben und Geld von der Bank geschenkt bekommen?
Auf den Kreditvergleichsportalen gibt es ihn bereits: den Kredit mit Negativzins. Die günstigsten Angebote lauten aktuell -0,4 Prozent p. a. effektiver Jahreszins. Gibt es den tatsächlich und ist das Angebot seriös? Private Immobilieninteressenten und Unternehmer, die den Kauf einer Immobilie planen, warten bereits auf die Immobilienfinanzierung mit Negativzins. Stellt sich die Frage: Wie wahrscheinlich ist es, dass es bei der Baufinanzierung von der Bank Geldgeschenke gibt und wovon ist es abhängig?
Der Kredit mit Negativzins
Wer sich auf den Onlineportalen für Kredite informiert, dem werden die Angebote sehr markant vor Augen geführt. Um sich zunächst unverbindlich zu informieren, geht es mit einem Klick zum vermeintlichen Angebot. Die Hürden, die im weiteren Verlauf zu nehmen sind, offenbaren dann dem aufgeklärten Verbraucher den Hintergrund des günstigen Angebots. Es werde sensible persönliche Daten abgefragt, ohne deren Eingabe es keinen Schritt weitergeht. Abschließend wird in der Regel ein Kredit über 1.000 Euro mit einer kurzen Laufzeit angeboten.
Wie ist ein Kredit mit Negativzins möglich?
Aktuell ist in Deutschland keine Bank bekannt, die einen Kredit mit einem negativen Zins gewährt. Dennoch: Den Kredit gibt es tatsächlich. Möglich wird dies durch ein Sponsoring des Anbieters – dem Vermittlungsunternehmen. Die Daten kreditaffiner Kunden sind sehr begehrt und für den Anbieter gewissermaßen Gold wert. Wenn für einen Kredit über 1.000 Euro vom Vermittler beispielsweise 40 Euro eingesetzt werden, kommt schnell ein Negativzins zustande.
Achtung: Der vermeintlich günstige Kredit ist meistens auf 1.000 Euro beschränkt und muss als Kunde mit der Herausgabe sensibler Daten bezahlt werden. Darüber hinaus ist Vorsicht geboten bei einer Summierung vieler Kredite, die möglicherweise den Schufa-Score belasten.
Wie wahrscheinlich ist die Immobilienfinanzierung zum Nulltarif?
Die KfW hat ihn zeitweise auf ihrer Website beworben: den Förderkredit mit einem negativen effektiven Jahreszins. Dieser kommt zustande, wenn zusätzlich zum Kredit ein Tilgungszuschuss angeboten und beantragt wird.
Die Einführung von negativen Sollzinsen würde für die Banken zunächst eine gewaltige technische Herausforderung bedeuten. Die IT ist grundsätzlich nicht darauf eingestellt, Darlehenskonten mit negativen Zinsen zu führen. Das bedeutet, die Investitionen würden sich nur lohnen, wenn der Markt dies für einen längeren Zeitraum erfordert.
Die Indikatoren: Marge und Refinanzierung
Die Wahrscheinlichkeit, ob die Immobilienfinanzierung mit negativem Zins für die Bank sinnvoll ist, hängt maßgeblich mit der Refinanzierung sowie der Preiskalkulation zusammen.
Entwicklung der Bundesanleihen
Die Zinsentwicklung der Bundesanleihen hängt mit der Zinspolitik der EZB zusammen. Diese Zinsen korrelieren wiederum mit anderen Zinsen, unter anderem den Hypothekenzinsen. Hieraus wird deutlich, welche Rendite Investoren von sicher angelegtem Geld erwarten. Bundesanleihen sind also am ehesten mit Pfandbriefen vergleichbar. Schließlich handelt es sich hierbei um grundpfandrechtlich abgesicherte Wertpapiere.
Bundesanleihen gelten aus den genannten Gründen als Orientierung für die Refinanzierung von Immobilienfinanzierungen und somit als Grundlage für die Kalkulation der Bank.
Die Renditen für Bundesanleihen bewegten sich am Jahresanfang 2021 bei etwa ‑0,50 Prozent und stiegen im Verlauf des Jahres auf rund ‑0,25 Prozent. In der Folge waren entsprechende Erhöhungen der Hypothekenzinsen zu verzeichnen.
Entwicklung der Margen im Bereich Immobilienfinanzierungen
Die Banken leiden seit Jahren unter dem niedrigen Zinsniveau. Spareinlagen bringen keine Margen mehr ein – sie verursachen Kosten. Das Kreditgeschäft musste daher in vielen Fällen die in diesem Bereich nicht mehr möglichen Gewinne ausgleichen. Der Immobilienboom hat den Instituten steigende Umsätze bei den Baufinanzierungen beschert. Der Verlauf der Marge hat dabei trotz des bestehenden Wettbewerbs keinen Einbruch erlitten. Aktuell liegt dies bei 10-jährigen Laufzeiten bei etwa 0,85 Prozent. Dies entspricht gleichzeitig in etwa dem Durchschnitt der letzten 10 Jahre. Mit dieser Marge werden Kosten, Risiko sowie Gewinn abgedeckt.
Von der Entwicklung der Renditen und Margen zum negativen Zinssatz
Folgendes Szenario soll dazu dienen, eine mögliche Entwicklung ableiten zu können:
- -0,10 Prozent Zinssatz bei einer 10-jährigen Zinsfestschreibung
- 0,85 Prozent Margenanspruch der Bank (siehe oben dargestellte Entwicklung)
- -0,95 Prozent als notwendiger Refinanzierungszinssatz für 10 Jahre
Die dargestellten Werte sind Referenzwerte bzw. Durchschnittswerte und können im konkreten Einzelfall anders aussehen. Sie zeigen jedoch sowohl die Systematik als auch die Tendenz auf.
Welche Schlüsse können aus den aktuellen Marktdaten gezogen werden?
Damit ein negativer Zins für breite Teile der Baufinanzierung vorstellbar wird, dürfte die Refinanzierung der Banken maximal ‑0,95 Prozent in der Kalkulation ausmachen. Nach dem Verlauf der Bundesanleihen im Jahr 2021 ist dies aktuell nicht vorstellbar.
Fazit
Bis Ende 2020 tendierte der Kapitalmarkt in eine Richtung, wo ein negativer Zins für die Immobilienfinanzierung im Bereich des Möglichen rückte. Der Markt tendierte im Verlauf des Jahres 2021 dann nach oben und zeigt aktuell eher eine Seitwärtsbewegung. Aus diesen Gründen ist kurzfristig keine Baufinanzierung zu erwarten, bei der es ein zusätzliches Geldgeschenk von der Bank gibt. Bei Ratenkrediten werden in Deutschland aktuell lediglich kleine Kreditsummen aus Marketinggründen angeboten, die von Vermittlern zu diesem Zweck bezuschusst werden.