Private Baufinanzierungen in Deutschland wenig risikobehaftet Viele Darlehensnehmer wissen, welche Bedeutung der Eigenkapitalanteil hat

Der deutsche Bundesbürger ist sicherheitsorientiert. Das drückt sich in dem weiterhin großen Interesse an Tagesgeldern und Festgeldern aus. Ebenso gelten Immobilienfinanzierungen im internationalen Vergleich in Deutschland als wenig risikoanfällig. Das liegt an dem hohen Anteil langer Zinsfestschreibungen, den hohen Tilgungssätzen sowie dem inzwischen gestiegenen Anteil des Eigenkapitals beim Erwerb von Immobilien. Dieses Verbraucherverhalten hat sich während der Pandemie verstärkt. Doch was tun, wenn die Traumimmobilie gefunden wurde und das Eigenkapital eher mager ausfällt? Vollfinanzierungen sind in einigen Fällen weiterhin möglich, doch in der Regel nicht empfehlenswert. Aber welche Risiken sind es, die durch zu wenig Eigenkapital entstehen können?

Voraussetzungen für eine Vollfinanzierung

Die Anzahl der Anbieter, die eine Finanzierung komplett ohne Eigenkapital anbieten, ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Immer mehr Banken scheuen das erhöhte Ausfallrisiko. Bei überdurchschnittlicher Kreditwürdigkeit ist jedoch bei einigen Instituten eine Vollfinanzierung weiterhin möglich.

Die wesentlichen Bedingungen sind:

  • tadelloser Schufa-Score
  • hohes und gesichertes Einkommen
  • die bankeigene Bewertung muss den Kaufpreis als Verkehrswert bestätigen
  • einige Institute machen Vollfinanzierungen von der Objektlage abhängig
  • vielfach wird zumindest die Zahlung der Erwerbsnebenkosten aus Eigenkapital erwartet

Nachteile und Risiken bei Finanzierungen mit wenig Eigenkapital

Die Kaufnebenkosten in Höhe von zehn bis fünfzehn Prozent sollten bei jeder Baufinanzierung aufgebracht werden. Die alte Regel, ein Drittel des Kaufpreises aus Eigenkapital aufzubringen, muss nicht zwingend für jeden gelten. Der richtige Anteil ist immer individuell von den persönlichen Verhältnissen abhängig.

Jeder Darlehensnehmer sollte jedoch darüber informiert sein, welche Nachteile ein geringer Eigenkapitaleinsatz hat. Schließlich bedeutet eine Baufinanzierung die Verpflichtung zu festen Raten über einen langen Zeitraum, in dem sich die persönlichen Verhältnisse ändern können. Dann ist es gut, auf notwendige Veränderungen eingestellt zu sein.

Zinskosten fallen höher aus

Die angebotenen Zinsen steigen, je weniger Eigenkapital eingesetzt wird. Schließlich steigt damit nicht nur das Risiko für den Darlehensnehmer, sondern ebenso für die Bank. Ein Unterschied im Zinssatz von einem Prozent kann die Zinskosten fast verdreifachen.

Die Laufzeit verlängert sich

Weniger Eigenkapital bedeutet höhere Zinsen. Im Umkehrschluss bleibt somit weniger Geld für die laufende Tilgung übrig. Längere Laufzeit heißt größere Gesamtaufwendungen und eine längere risikobehaftete Zeit für den Darlehensnehmer. Immobilienkäufer sollten sich bewusst sein, dass der Zeitraum des Risikos, die Kreditraten nicht aufbringen zu können, damit länger ist.

Bei der Anschlussfinanzierung gelten die gleichen Regeln

Steigt der Zinssatz am Ende der Zinsfestschreibung bei einer Restschuld von 250.000 Euro um ein Prozent, bedeutet das eine um etwa 208 Euro erhöhte Rate. Darüber hinaus gilt bei der Anschlussfinanzierung weiterhin, dass sich der Zinssatz hauptsächlich am Beleihungsauslauf orientiert. Das bedeutet, mit wenig Eigenkapitaleinsatz wird es deutlich länger dauern, um in Ausläufe von unter 60 Prozent vom Beleihungswert reinzukommen – wo es optimale Konditionen gibt.

Im Fall eines Falles fällt der Immobilienbesitzer mit ausreichendem Eigenkapital weicher

Die Wechselfälle des Lebens kommen immer, wenn nicht damit gerechnet wird. Können Darlehensnehmer die Raten für ihre Baufinanzierung nicht mehr aufbringen, wird zunächst die Bank versuchen, mit Reduzierung der Tilgungsrate und Stundungen zu helfen. Das wird nicht in jedem Fall reichen und auf diesen Fall sollte der umsichtige Immobilienbesitzer vorbereitet sein.

Erfahrungsgemäß erzielen Immobilienbesitzer bei Notverkäufen etwa 70 bis 80 Prozent des Verkehrswertes. Selbst wenn die Märkte aktuell atypische Versteigerungserlöse zeigen, kann dies nicht für die nächsten Jahrzehnte fortgeschrieben werden. Das bedeutet bei zu wenig Eigenkapitaleinsatz zu Beginn der Finanzierung, ist nicht nur die Immobilie weg. Zurück bleibt ein Kredit, der über einen längeren Zeitraum abgezahlt werden muss.

Fazit: Finanzierungen mit wenig Eigenkapital nur dann, wenn die persönlichen Verhältnisse ein potenzielles Risiko ausschließen können

Die geschilderten Nachteile und erhöhten Risiken müssen nicht für jeden Immobilienkäufer zutreffen. Wer über gesicherte Einkünfte beispielsweise in Form von Beamtenbezügen oder Renten verfügt, kann einen großen Teil der Risiken ausschließen. Allerdings gelingt dies in ähnlich gelagerten Fällen nur dann, wenn ebenso die monatliche Belastung langfristig abgesichert wird. Dies ist beispielsweise durch ein Volltilgerdarlehen zu lösen.

In allen anderen Fällen sollten sich Immobilieninteressenten über die beschriebenen Risiken bewusst sein und danach entscheiden, ob sie diese eingehen wollen.

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