
Fakten zur Einschätzung der zukünftigen Entwicklung
Nachdem Corona weiterhin die Normalität vorgibt, werden in alle Bereichen die Auswirkungen diskutiert und prognostiziert. Das anhaltende Niedrigzinsniveau erleichtert die aktuell zunehmende Staatsverschuldung. Negativ betroffen sind beispielsweise die Instrumente zur Altersversorgung, da kaum sichere Renditen zu erzielen sind. Der Immobilienmarkt profitierte im Corona-Jahr von der Fokussierung der Menschen auf das eigene Heim. Das ersparte Urlaubsgeld wurde in die Modernisierung und Verschönerung der Wohnsituation investiert. Der Verkauf selbst genutzter Immobilien nahm nach einer kurzen Pause im ersten Lockdown auf hohem Niveau weiter Fahrt auf. Wie wirkt sich das Wechselspiel zwischen Angebot und Nachfrage auf die Bauzinsen aus? Womit kann kalkuliert werden, wenn im Laufe dieses Jahres die Zinsfestschreibung ausläuft? Dieser Beitrag liefert Anhaltspunkte für eine Prognose.
Die aktuelle Situation der Bauzinsen
Zum Jahreswechsel 2019/2020 wurde die historische Marke geknackt: Die günstigsten Bauzinsen mit einer Zinsfestschreibung von 10 Jahren gibt es für unter einem Prozent! Nachdem durch die staatlichen Coronahilfen im Herbst die Staatsverschuldung gestiegen war, gaben die Bauzinsen erneut um etwa 0,20 % nach. Im günstigsten Fall lassen sich die Zinsen zum diesjährigen Jahreswechsel für unter 0,50 % p.a. auf 10 Jahre festschreiben.
Die Zinsentwicklung im letzten Quartal zeigt deutlich den Zusammenhang zwischen Zinsen und Staatsverschuldung. Der deutsche Staat verschuldete sich bis Ende Oktober 2020 im Vergleich zu Ende 2019 um rund 13 % höher. Wichtig: Mehr als 43 % der Staatsschulden entfallen auf 10-jährige Bundesanleihen. Die Renditen dieser Anleihen fielen im März 2019 unter null Prozent.
Dies zeigt: Die Renditen der 10-jährigen Anleihen spielen für die Zinsentwicklung eine außerordentliche Rolle!
Faktoren, die aktuell die Bauzinsen beeinflussen
Neben der Geldpolitik der EZB wirken sich weitere Faktoren auf die Verzinsung von Bundesanleihen aus und beeinflussen damit die Bauzinsen.
Die Politik der EZB
Seit Jahren betreibt die EZB eine extreme Niedrigzinspolitik. Banken zahlen inzwischen 0,50 % Minuszinsen für ihr Guthaben. Damit sollen Kreditinstitute zur Kreditvergabe animiert werden und Verbraucher sowie Unternehmen mit den Investitionen die Wirtschaft stimulieren. Zusätzlich kauft die EZB, seit der Pandemie verstärkt, Staatsanleihen an. Die EZB beobachtet kritisch das zunehmende Risiko der Banken. Sobald die Staatshilfen auslaufen, werden sich die Kreditrisiken offenbaren. Laut Einschätzung der EZB bleibt abzuwarten, wie zahlungskräftig die privaten Haushalte nach der Pandemie sind. Dann zeigt sich, ob die hohen Immobilienpreise nachhaltig sind. Gerät die Kreditvergabe der Banken durch steigende Kreditausfälle ins Stocken und ist die Konjunktur gleichzeitig rückläufig, verliert die Niedrigzinspolitik ihre Wirkung. In dieser Situation ist mit steigenden Bauzinsen zu rechnen.
Der Zusammenhang von Verbraucherpreisen und Zinsen
Historisch führten höhere Verbraucherpreise zu steigenden Zinsen. Die Coronakrise wird das Verbraucherverhalten nachhaltig verändern. Aktuell ist daher von niedrigen Inflationsraten auszugehen und das treibt die Zinsen tendenziell nach unten.
Die Geldpolitik der US-Notenbank
Nach Versuchen in 2015, die Zinswende nach oben einzuleiten, verfolgen die USA seit 2019 ebenfalls eine Niedrigzinspolitik. Joe Biden hat sich für eine Fortsetzung ausgesprochen. Die Zeichen aus Amerika sind somit: Zinsen runter.
Konjunktur und Aktienmärkte
Die Wechselbeziehung von Aktien zu Anleihen war in 2020 schulmeisterhaft: Aktien oben – Zinsen unten. Das niedrige Zinsniveau treibt die Anleger zusätzlich in alternative Anlagen wie Aktien. Erstaunlich ist die rasante Erholung der Aktienmärkte nach dem Einbruch zu Zeiten des ersten Lockdowns. Die Konjunkturentwicklung ist durch die pandemiebedingten Auswirkungen geprägt. Einige Branchen sind extrem hart betroffen. Jüngste Wirtschaftsprognosen lassen die zukünftige Entwicklung jedoch wieder etwas positiver erscheinen als angenommen. Beispielsweise ist die Medikamentenherstellung in Europa ein Thema. Insgesamt scheinen kurzfristig die Aktienmärkte die Zinsen eher niedrig zu halten.
Der Immobilienmarkt
Von 2015 bis 2019 erhöhten sich die Immobilienpreise im Durchschnitt um 15,7 %. In 2020 setzten sich die Preissteigerungen, etwas abgeflacht, weiter fort. Die Auswirkungen der Pandemie sind schwer vorhersehbar. Langfristig deuten knapper Wohnraum in den Ballungsgebieten und die Suche nach Kapitalanlagen auf eine weitere Preissteigerung hin. Der Markt für Immobilienfinanzierungen wird somit für Banken interessant bleiben. Aus Sicht der Verbraucher bedeutet dies: Konkurrenz belebt das Geschäft.
Fazit: Staatsverschuldung und Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank lässt kurzfristig keinen Zinsanstieg erwarten
Das aktuell niedrige Zinsniveau kann allenfalls durch folgenschwere Entwicklungen an den Anleihemärkten oder eine beträchtliche Zunahme von Kreditausfällen fallen. Die Auswirkungen der Pandemie werden die Wirtschaft weltweit noch eine Weile beschäftigen. Die damit verbundenen Maßnahmen sowie deren Einfluss auf die Anleihemärkte schließen ein deutlich höheres Zinsniveau geradezu aus.